Still und heimlich ging am 30. Juni 2012 eine Ära der heimischen Luftfahrthistorie zu Ende. Mit der Aufgabe des AOC (Air Operator Certificate) der Lauda Air durch die Fusion der Flugbetriebe von Tyrolean und Austrian verschwand nun offiziell die beliebte Fluglinie, 1979 durch den ehemalige Rennfahrer Niki Lauda gegründet, als Flugunternehmen. Bis zum Sommer 2013 soll die Marke "Lauda Air" beibehalten werden und dann endgültig verschwinden. Auch in Linz hat Lauda Air einige Spuren hinterlassen.

Bericht und Kommentar von Michael David

Am 24. Mai 1979 übernahm Andreas Nikolaus Lauda, so sein vollständiger Name, als damaliger Rennfahrer und Weltmeister in der Formel 1, die Betriebskonzession der Alpair und gegründete zusammen mit dem Reiseveranstalter ITAS die Lauda Air. Mit zwei gebrauchten Fokker 27 wurden die ersten Charterflüge abgewickelt. Das Geschäft lief aber anfangs schleppend, so dass die Fokker 27 anderweitig verleast wurden und der eigene Flugbetrieb einstweilen eingestellt wurde. 1985 tauschte man die beiden Fokker gegen zwei aus Rumänien stammende Bac One-Eleven, mit denen für ITAS erste feste Charterketten ans Mittelmeer geflogen wurden. 

Bereits ein Jahr später tauschte Niki Lauda die geleasten Bac 1-11 gegen die ersten eigenen Boeing 737-300. Mit diesen Flugzeugen sowie einer gemieteten Boeing 737-200 der holländischen Transavia konnte der Charterverkehr für ITAS weiter ausgebaut werden, so auch nach Linz. Für internationales Aufsehen sorgte Lauda Air, als man als kleine Fluglinie die ersten Boeing 767-300ER für Langstreckenlinienflüge nach Australien in der Flotte nahm. Der Erstflug von Wien nach Sydney trotz fehlender Genehmigung der heimischen und australischen Behörden ist nachwievor legendär. Doch nicht nur nach Australien wurde die Boeing 767-300 ER eingesetzt, am 05. Juli 1988 - also vor genau 24 Jahren - setzte die "Alpha Uniform" auch erstmals auf der Linzer Runway auf. Dies war zugleich die Erstlandung dieses Großraumflugzeugtyps, der mittlerweile von 11 Fluggesellschaften nach Linz eingesetzt wurde. Bis zur Übernahme der Lauda Air durch die Austrian Airlines erfolgten insgesamt 176 Landungen mit Boeing 767-300ER in Linz.

Der traurigste Zwischenfall der heimischen Luftfahrtgeschichte ereigenete sich mit dem Absturz der Boeing 767-300ER OE-LAV, Taufname "Mozart", am 26. Mai 1991 auf dem Weg von Bangkok nach Wien. 223 Menschen kamen dabei ums Leben. Die "Mozart" absolvierte im vorangegangen August des Jahres 1990 insgesamt drei Besuche am Flughafen Linz. Am 03. März 1998 sorgten widrige Wetterverhältnisse am Flughafen Salzburg dafür, dass der erste und bislang einzige Langstreckencharterflug in die Karibik von Linz aus startete.

Mit der Übernahme von mehreren Canadair Regional Jets 100 für neue europäische Linienflüge brachte die Lauda Air ab 20. Mai 1995 auch diesen Flugzeugtyp mehrmals nach Linz zum Einsatz. Obwohl als Konkurrenz zu den Regionalflügen der Austrian Airlines gedacht, flogen genau diese CRJ 100 später regelmäßig für Austrian bzw. Tyrolean ab Linz. Der Charterverkehr ab Linz wurden in dieser Zeit von Boeing 737-300, B737-400 sowie B767-300ER abgewickelt.

Sehr zum Missfallen des damaligen Miteigentümers Lufthansa bestellte Niki Lauda bei Boeing vier Boeing 777-200ER. Die Deutschen hätten, wenn überhaupt, lieber den Airbus A340 in den für diese Zeit spektakulären Lauda-Air-Farben gesehen, dennoch landete im September 1997 die erste "Triple Seven" in Österreich. Die Präsentation in Linz dieses, bis heute, größten in Österreich gemeldeten Luftfahrzeuges, war für den 11. Dezember 1997 angesetzt. Das Flugzeug wurde nicht nur am Linzer Boden hunderten Besuchern bei Schlechtwetter präsentiert, sondern auch bei einem Rundflug demonstriert. Auf diesem Österreich-Rundflug mit der Boeing 777-200ER ab Linz waren auch zahlreiche Mitglieder des Vereins der Freunde des Flughafens Linz zu Gast an Board dieses vom "Chef" Niki Lauda selbst gesteuerten Flugzeuges. Neben dem schlechten Wetter hatte die "Erstlandung" einen weiteren Schönheitsfleck: bereits sechs Wochen zuvor, am 31. Oktober 1997 landete die Boeing 777-200ER ohne großes Aufsehen und als Ersatzflugzeug für eine Boeing 767-300ER erstmals am Linzer Flughafen... bei schönerem Wetter.

Die nächste Entwicklung, die Lauda Air nach Linz brachte, war die Erstlandung der Boeing 737-800 am 04. August 1998. Der damals brandneue Flugzeugtyp aus dem Hause Boeing war eine gestreckte Weiterentwicklung in der Boeing 737 Next Generation Serie und ganzer Stolz im Charterverkehr der Lauda Air. 14 Jahre später ist die Boeing 737-800 nahezu täglicher Gast auf Linien- und Charterflügen ab Linz und bildet zusammen mit dem Airbus A320 das Rückgrat als Flugoperationen. Auch die "ganz kleine Schwester" der Boeing 737-800, die Boeing 737-600, fand ihren Platz in der Geschichte des Linzer Flughafens: nach der Übernahme der Lauda Air durch die ehemals verfeindete Austrian Airlines und dem Beitritt der Austrian Airlines Group zur Star Alliance übernahm die Lauda Air für einige Monate die Linienflüge zwischen Linz und Frankfurt mit der kleinen Boeing 737-600. Selbst der Koch an Board half wenig, dass die Boeing später wieder abgezogen und durch Fokker 70 bzw. später MD-87 ersetzt wurden. Die "mittlere" Boeing 737-700 der Lauda Air feierte erst, relativ spät, am 06. Mai 2001, seine Linz-Prämiere.

Lange Jahre war eine Boeing 737-800, später ergänzt um treibstoffsparende Flügelohren - "Winglets" genannt -, der Lauda Air in Linz stationiert und flog zahlreiche Charterketten und Einzelcharter über das ganze Jahr von Linz aus. Anlässlich eines Flughafenfestes wurden eine Boeing 737-800 von Kindern eines Kinderdorfes am Linzer Flughafen getauft. Was einige Jahre zuvor noch undenkbar erschien, wurde am 14. März 2005 Realität: der erste Airbus A320 in Lauda-Air-Farben. Ein letztendlich gescheiterter Versuch die Lauda Air als Charterfluglinie in der Austrian Airlines Group zu positionieren.

Der ehemalige Formel-1-Gründer und Airline-Gründer Niki Lauda flog bis zu seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus der Lauda Air, einige Jahre nach der eher politisch motivierten Übernahme der Lauda Air durch die Austrian Airlines, immer wieder selbst mit den Maschinen "seiner" Airline, vorzugsweise ab Wien und Salzburg, aber auch immer wieder ab bzw. nach Linz. Ein Bekannter von mir, ehemals Pilot bei Lauda Air und Austrian auf der Boeing 737 und Boeing 767 erzählte mir diesbezüglich von einem seiner lustigsten Erlebnisse auf einem Lauda Air Flug. Auf einem Charterflug ab Linz mit rüstigen SeniorInnen in Richtung Mittelmeer begrüßte er die ersten Fluggäste an Board, worauf ihn eine ältere Dame mit deutlichen Mühlviertler Akzent fragte:" Fliegt der Herr Lauda heute?". Er verneinte, daraufhin meinte die Dame mit ernster Miene:" Dann hoffe ich, sie können das Flugzeug eh gscheit fliegen!".

Mit der Gründung von NIKI durch Niki Lauda sorgte man nicht nur in Linz für reichlich Verwirrung bei den Urlauberpassagieren. Die These "Wir fliegen mit der NIKI Lauda Air" ist bis heute noch nicht ganz verschwunden. Die Umstellung des Flugnummernsystems von eigenen NG-Flugnummern auf die OS-Flugnummern der Austrian trugen nochmals zur kompletten Verwirrung vieler Passagiere bei. Zahlreiche Beschwerden dieser und ähnlich gelagerter Art trafen bei NIKI ein, wie sich die Hotline der Austrian plötzlich mit Beschwerden über NIKI auseinander setzen musste. Plötzlich schmeckte das Do&Co-Schnitzerl nicht mehr so ganz, weil es plötzlich von FlugbegleiterInnen in knallroter Uniform der Austrian serviert wurde.

Anekdote auf einem meiner zahlreichen Flüge mit Lauda Air, von Chania nach Linz: ein älterer Flugpassagier in der Reihe hinter mir wurde von Minute zu Minute launischer, als es "sein" Wiener Schnitzel als Boardverpflegung gab. Lautstark beschwerte er sich bei der Purserin mit den einprägsamen Worten:" Diesen Fraß hat es unter'm Lauda nicht gegeben!". Danach bedachte er die Austrian Airlines und die Crew mit wenigen charmanten Worten. Auch von der Beteuerung der Purserin, dass das Wiener Schnitzel nachwievor aus dem Hause des Caterer Do&Co stammt, ließ sich der gute Mann wenig beruhigen. Bis mir die Sache selbst zu bunt wurde und sein Herumgemotze mit einem ernsten "A Ruah is jetzt!" beendete... zum Applaus der Passagiere in den umliegenden Sitzreihen.

In den letzten Jahren nahm die Austrian mehr und mehr Charterkapazitäten der Lauda Air vom Markt und transferierte alle Flugzeuge der Lauda Air in die eigene Flotte. Bis auf eine: die Boeing 737-800 Winglets blieb vom März 1997 bis zum 30. Juni 2012 im AOC der Lauda Air sowie in vollen Farben der Lauda Air. Mit dem Betriebsübergang der Austrian in die Tyrolean Airways löste Austrian nun das AOC der Lauda Air nach 33 Jahren endgültig auf und gliederte die "November Kilo" in den Flugbetrieb der Tyrolean ein. Obwohl sie die rot-grauen Farben der Lauda Air behalten hat, dürften ihre Tage dennoch gezählt sein. Die beiden Boeing 737-600 sowie -700 haben die Flotte in den vergangenen Wochen bereits verlassen, die Boeing 737-800 Winglets (inkl. der Lauda Air OE-LNK) folgen schrittweise am September bis zum Beginn des nächstjährigen Sommerflugplanes.

Abschließend sei mir als Autor dieses Berichtes noch eine persönliche Bemerkung erlaubt: die Lauda Air gehörte für mich immer zu einem festen Bestandteil der heimischen Luftfahrt, nachdem ich praktisch mit ihr aufgewachsen bin. Mich freut es, dass es mir gelungen ist, in den letzten Jahren mit jedem Flugzeugtyp, der bei Lauda Air aktiv war, fliegen zu können (Ausnahme: Fokker 27, Bac 1-11 und Boeing 737-200). Trotz allem hat Lauda Air die heimische Luftfahrtszene besonders geprägt und die gute österreichische Küche in die Luft gebracht. Nachwievor fällt mir bei Tina Tuner's Welthit "Simply the Best" der damalige Werbespot der Lauda Air ein. Kurz um: mir wird sie fehlen...

 

Die letzte offizielle Landung einer Maschine der Lauda Air erfolgte am Sonntag, 24. Juni 2012, als Flug OS 9148 aus Rhodos mit der Boeing 737-8Z9 Winglets OE-LNK! Bildlich festgehalten des Linzer Planespotters Jan Ittensammer.