Als ich das Angebot bekam, im neuen Airbus A350 der Finnair von Wien nach Helsinki zu fliegen, dachte ich als Skandinavien-Fan: da bin ich dabei. Einerseits feierte ich mein 20. "Jubiläum" skandinavischen Boden zu betreten, außerdem bot sich die nette Gelegenheit den neuesten Langstreckenjet aus dem Hause Airbus Industries im Liniendienst zu testen.

Mit dem Airbus A350-900 XWB, welches für "eXtra Wide Body" steht und auf den überarbeitenden breiteren Rumpf zum ursprünglichen Basiskonzept hinweist, stieg der europäische Airbus ab 2006 in den Konkurrenzkampf um die nächste Generation der Langstreckenjets ein. Konzipiert wurde der A350 als Konkurrenz zu Boeing 787, zu dem soll das zweistrahlige Flugzeug langfristig auch die hauseigenen Airbus A330 und A340 bei den Fluggesellschaften ersetzen. Mit einer Rumpfbreite von 5,96m und einer Kabinenbreite von 5,61m weicht Airbus erstmals (abgesehen vom A380) von der Standardrumpfbreite bei seinen Langstreckenflugzeugen ab, dies ist aber nicht die einzige komplette Neuerung, die mit dem A350 eingeführt wird. So wird der Rumpf aus vier untereinander vernietenden CFK-Paneelen gefertigt, welche auch den Vorteil bietet, das sich der Rumpf in den hinteren Sektoren nicht verjüngt und somit bis zur hinteren Galley die volle Kabinenbreite bietet. Ebenfalls aus CFK gefertigt sind die völlig neu konzipierten Tragflächen, die an beiden Seiten von hochaerodynamischen Flügelspitzen von FACC in Oberösterreich entwickelt und gefertigt werden. Angetrieben wird der Airbus A350 von zwei Trent-Triebwerken von Rolls Royce mit einem Schubspektrum zwischen 330kN und 430kN. Damit wird ein maximales Abfluggewicht von 268t mit etwa 0,85 Mach (ca. 910km/h) bis zu 14.350 km weit bewegt.

Leistungsdaten, die neben zahlreichen anderen (Erst)Kunden wie Qatar Airways, Singapore Airlines oder Lufthansa, besonders Finnair überzeugen konnten. Der 1923 gegründete finnischen Nationalcarrier wandelte 2007 seine erste Bestellung für die ursprünglich im Entwurf stehenden A350 in eine feste Bestellung von 11 A350XWB um und schrieb nur wenig später acht weitere A350XWB in das Orderbook von Airbus. Mit den 19 bestellten Flugzeugen sollen nicht nur die alternden Airbus A340 und A330 abgelöst werden, auch eine Erweiterung des Streckennetzes in Richtung Asien steht dadurch der Finnair in Aussicht. Die in Helsinki beheimatete Airline nutzt die besondere geografische Lage im norden Europas geschickt aus, dem starkem Mitbewerb aus dem arabischen Raum mit besonders günstigen Flugzeiten zu asiatischen Destinationen zu begegnen. Mit der Einführung des A350, welcher im September 2015 erstmals an Finnair ausgeliefert wurde, bietet sich auch die Möglichkeit das Kabinenprodukt völlig neu zu überarbeiten, um neues Passagierklientel ansprechen zu können.

Mit 66,8 Meter ist der Airbus A350 etwas länger als die Boeing 787 (Foto: zVg Dieter Papesch)

Auffallend sind die über 1 Meter nach außen und hinten aerodynamisch geformten Winglets (Foto: zVg Dieter Papesch)

Hypermodern präsentiert sich auch das Flightdeck

Um sowohl die Piloten als auch die Kabinenbesatzungen auf das neuen Langstreckenprodukt zu schulen, schickte Finnair ihren ersten Airbus A350-941XWB OH-LWA die letzten Wochen zu ausgewählten Destinationen in Europa. Durch die idealen Flugzeiten von zwei Stunden um die Arbeitsabläufe im laufenden Betrieb zu üben, stand die österreichische Destination Wien besonders häufig auf dem Flugprogramms. Wie auch am Samstag, den 14. November 2015, mit mir als Passagier. Der erste Eindruck von diesem Flugzeug: hell, tatsächlich sehr breit wirkend (immerhin etwa 12 cm breiter als die B787 Dreamliner) und typisch skandinavisch nüchtern, aber dennoch sehr komfortabel gehalten.

Die vom finnischen Designer Vertti Kivi entworfene Business Class für 46 Passagiere orientiert sich an den Vorbildern arabischer Fluggesellschaften, wie Qatar Airways, bleibt aber trotzdem sehr skandinavisch gehalten. Grautöne dominieren bei den breiten und langen Zodiac Cirrus III Sitzen, die sich zu einem Liegebett umwandelt lassen. Für seine Business Class Kunden bietet Finnair neben einer exquisiten Verköstigung die Möglichkeit, während des gesamten Fluges WLAN auch auf externen Geräten kostenlos (in der Economy Class gegen Stundengebühren) nutzen zu können. Auch das "stille Örtchen" der Business Class wurde entsprechend gestaltet und bietet mit einem Kabinenfenster auch eine Aussicht während des "Geschäftes im Flug". Bedient werden die Fluggäste von einer internationalen Kabinenbesatzung, die beispielsweise durch die Asienlastigkeit des Streckennetzes auch aus asiatischen Crewmitgliedern neben zurückhaltenden, aber dennoch besonders freundlichen und hilfsbereiten SkandinavierInnen besteht.

Finnair springt mit dem Airbus A350 auch auf den Zug einer Premium Economy Klasse, genannt EconomyComfort, auf. Mit fast 90cm Abstand bietet Finnair 43 Economy-Sitze an, die 10cm komfortabler bestuhlt sind, als die übrigen Economy-Sitzreihen. Zusammen mit den extro großen Kabinenfenstern wartet Finnair noch mit einem weiteren Pluspunkt für jene Passagiere auf, die auch auf Sitzkomfort in der Economy Class großen Wert legen: mit einem Aufpreis zwischen 60 und 80 Euro je Flugstrecke liegt die finnische Airline weit unter jenem Aufpreis, die einige andere Fluglinien für dieses Komfortplus verlangen.

90cm Sitzabstand in der EconomyComfort, dem gegenüber stehen...

... nur 80cm in der normalen Economy

Der klappbarer Tisch bietet...

... ausreichend Platz - selbst für das mitgebrachte Baguette anstelle der früher üblichen Flugzeugmahlzeit. Finnair reicht in der Economy auf ihren Europaflügen leckeren Blaubeersaft, Kaffee oder Tee sowie ein Heidelbeer-Süßgebäck. Zudem steht den Passagieren eine eigene Menükarte gegen Vorauswahl und Bezahlung zur Verfügung

Die übrige für 208 Passagiere bestuhlte Economy Class ist mit einem Sitzabstand von ca. 80cm bestuhlt, verfügt aber ebenfalls über bequeme Sitze sowie über das übliche On-Board-Entertainment-System mit 11"-Monitoren. Neben zahlreichen Filmen von aktuellen Hollywood-Blockbustern über Highlights der Filmgeschichte und Dokumentationen werden auch beliebte Serien geboten. Damit ist auch auf den langen Asienstrecken für beste Unterhaltung gesorgt. Wer sich lieber vom Blick aus dem Fenster unterhalten will, stehen zwei Außenbordkameras sowohl mehrere RouteMap-Funktionen zur Verfügung. Neben dem On-Board-Entertainment-System unterhält auch die besondere Kabinenbeleuchtung, speziell an der Decke zwischen den sehr geräumigen Gepäcksablagen, die Gäste aller drei Klassen. Typisch Finnisch wird dadurch die Kabine in zarten Blautönen gehalten, die je nach Stimmung und Tageszeit auch von wärmeren Farben oder von einem Farbspiel angelehnt an das einzigartige Polarlicht Finnlands abgelöst wird.

Die Fenstergröße ermöglicht einen tollen Ausblick, selbst für Passagiere in der Mittelreihe

Hintere Galley für die Economy Passagiere

Die Auswahl von Filmen im Onboard-Entertainment-System kann sich sehen lassen

Räumliche Beschreibung des Gebietes, über welches man gerade fliegt - in diesem Fall die Tschechische Republik

Erklärung der Gegend, die man auf der linken Seite vom Fenster aus sehen hätte können

Die Flugdaten werden interessant dargestellt - gerade für Flugzeugfans

Die Liebe im Detail steckt auch bei der Kabinenanzeige, die auch eine Uhr bietet

Die Onboard-Kamera am Leitwerk bietet faszinierende Ausblicke

Ebenso die Kamera am Rumpf, besonders bei der Landung

Mein Fazit: Finnair bietet mit dem A350XWB ein Produkt, welches man in Sachen Komfort und Preis-/Leistung mit Sicherheit auf Asien-Flügen in Betracht ziehen sollte. Mit Flugangeboten ab 500 Euro nach Asien steht man den arabischen Mitbewerbern um nichts nach, insbesondere das günstige EconomyComfort-Produkt kann sicherlich so manchen überzeugen. Mich überzeugte der A350 mit seinem tollen Raumgefühl. Obwohl für uns Flugzeugfans die Geräuschkulisse einen besonderen Stellenwert hat, so muss man zugeben, als Passagier ist die sehr gut schallgedämpfte Kabine ein besonderer Reisegenuss. Alles in allem steht für mich eines fest...

Lennän taas! - Ich flieger sicher wieder!

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei der zuvorkommenden Crew des Fluges AY 766 von Wien nach Helsinki am 14. November 2015 sowie bei Dieter Papesch für das Zuverfügungstellen der Außenfotos des A350 an diesem Tag!

Text: Michael David
Fotos: Michael David, Finnair, Airbus, Dieter Papesch