Die letzten Wochen und Monate waren in der Luftfahrtbranche teils von Jubelmeldungen und von zahlreichen Hiobsbotschaften geprägt. Ich nehme den diesjährigen Karfreitag zum Anlass, auch meine skeptischen Gedanken zu manchen Vorgängen zu äußern. Denn vieles ist bei näheren Hinsehen durchaus kritisch zu hinterfragen.

In längst vergangenen Zeiten machten Flugzeugbestellungen von 20 oder 30 Flugzeugen große Schlagzeilen. Nicht erst seit dem Einstieg der Billigfluglinien rund um den Globus gehören solche Bestellzahlen eher zum mittleren Standard. Heute muss es mehr sein. Auf einen Schlag werden 100, 200 oder gar schon 300 Flugzeuge auf einen Schlag und für mehrere Jahre im Voraus bestellt. Die Menge bestimmt den Preis, der Preis bestimmt die Menge. Ungläubig waren die meisten Branchenkenner, als Ryanair vor vielen Jahren einige hundert Boeing 737 in den USA bestellte. Langsam, aber sicher werden davon die letzten in nächster Zeit geliefert und schon längst denkt Ryanair-Chef O'Leary über eine Bestellung von neuen Flugzeugen nach. Man fragt sich, wohin mit all diesen Maschinen? Ryanair setzte mit den bereits gelieferten ihre massive Expansion in ganz Europa fort und konnte ihre eher eigenartige Firmenphilosophie mit dem Umgang von Passagieren und auch Flughäfen weiter umsetzen. Bei näherer Betrachtung fällt allerdings auf, dass Ryanair nicht mehr zwangsläufig billig sein muss. Gerade ab Linz bietet sogar eine Lufthansa günstigere Konditionen nach London an.

Ryanair ist Ryanair, aber am Billigmarkt drängen sich mittlerweile zig Airlines. Airlines, die heute nicht einmal über 70 Flugzeuge verfügen, aber über 300 Maschinen in den Orderbüchern von Airbus und Boeing offen haben. Die skandinavische Norwegian etwa. Klar, die erste Tranche an Neuflugzeugen wird die älteren Flugzeuge ersetzen, doch noch immer bleiben mehr als 250 weitere übrig. Die Norweger sind eher wenig bekannt, eine derart strenge Strategie wie Ryanair mit Passagieren und Airports zu führen, daher wird es interessant zu beobachten, was eine Norwegian mit ihrer Order tatsächlich vorhat. Skandinavien ist zweifelsohne ein reizvolles Pflaster für neue Billigrouten, dennoch wohl viel zu klein, um 300 Flugzeuge dauerhaft fliegen zu lassen. Daher vermute ich stark, dass ein großer Teil dieser Bestellung niemals norwegischen Boden sehen wird und Norwegian von Anfang an mit dem Verkauf teurer Fertigungslose bei Airbus und Boeing spekuliert.
Ähnliches macht auch Air Berlin und seit neuerem auch ihre Tochter Niki. Flugzeuge werden übernommen, geflogen und nach wenigen Wochen oder Monaten wieder abgegeben. Erst vor kurzem übernahm Niki einen neuen Airbus A320 direkt vom Werk in Finkenwerder mit österreichischer Kennung und unverkennbarer Fliegenbemalung, um ihn nach wenigen Stunden Aufenthalt in Wien direkt nach China zu fliegen, wo er bei einer chinesischen Fluglinie Dienst tun wird. Mit der Echo Oskar wurde ein zweiter, etwas "älterer" - wenn man bedenkt, dass mache Boeing 737 und 747 bei Lufthansa schon rund 20 Jahre alt sind, eigentlich eine ziemlich seltsame Bezeichnung - Airbus außer Dienst gestellt. Über die Sommermonate kommen daher zwei Airbus A320 der Mutter Air Berlin zum Einsatz, um die in Auftrag genommenen Charterkapazitäten abdecken zu können.

Was Norwegian, Air Berlin und Co. machen, nennt man Wirtschaftlichkeit und ist ansich auch nichts ungewöhnliches. Es wirft aber die Frage auf, ob nicht auch in der Luftfahrt heimlich eine große Seifenblase entstanden ist, die schnell platzen könnte, wenn sich die Großwetterlage auf dem volkswirtschaftlichen Globus (wieder) ins Stürmische dreht. Auch bei Emirates, die heute schon über zu wenige Airbus A380 klagt, aber in wenigen Jahren fast 100 Stück davon betreiben möchte, ist sehr sehr vieles über den Kapitalmarkt fremdfinanziert. Fällt nur eine Karte um, wird wohl ein ganzes Kartenhaus in sich einzustürzen drohen. Dann waren Konkurse wie einer Swissair, Sabena, Malev oder Spanair nur Peanuts. Die Crux an der angesprochenen Bestellungsorgie ist nämlich, dass bei einer Platzen dieser Blase die Hersteller plötzlich mit leeren Händen dastehen und einen extra für diese Massenbestellungen aufgebauten Personalstock reduzieren müssten. Der Stein, der hier ins Wasser geschmissen wird, würde wohl so große Wellen schlagen, die bis zu unseren Zulieferbetrieben in Österreich, ja sogar in Oberösterreich reichen würde. Nicht nur eine FACC wäre davon stark betroffen und somit eine ganze Kleinregion, sondern auch kleinere und eher wenig bekannte Firmen, die aber solche Airlines mit höchst interessanten Produkten beliefern, wie beispielsweise Ausbildungssoftware. Brechen plötzlich deren Aufträge weg, wird zwar groß in den Medien über die Krise bei der Airline XY berichtet, dass aber auch heimische Familien, möglicherweise sogar in der eigenen Nachbarschaft deshalb zumindest Existenzängste durchstehen müssen, darauf wird dann wohl vergessen.

Ein Kommentar von Michael David

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